Erfolgreich mit Konflikten umgehen: 3 zentrale Gewohnheiten

In der Arbeit gibt es Spannungen zwischen zwei Abteilungen. Zuhause gibt es Krach mit dem Partner. Und ein Blick in die Zeitung bestätigt: Überall Konflikte.

Wie kannst Du erfolgreich mit eigenen Konflikten umgehen?

Ich war früher jemand, der oft nachgab. Damit war ich nicht zufrieden. Es hatte immer einen bitteren Nachgeschmack. Doch mich auf Kosten anderer durchzusetzen, war auch keine Lösung.

Ich beschäftigte mich also mit erfolgreichem Konfliktmanagement und fand drei Prinzipien, die dafür zentral sind.

Diese Gewohnheiten werden deine Konflikte nachhaltig transformieren. Sie sind aber kein Quick Fix – deine Konflikte werden nicht über Nacht verschwinden. Es braucht Zeit und Ausdauer diese Prinzipien nach und nach zu leben und verinnerlichen.

Bereit? Los geht’s:

 

Denke Win-Win

Win-Win zu denken, heißt in einer Meinungsverschiedenheit günstige Lösungen für alle anzustreben. Dieses Denken ist für alle Situationen förderlich, in denen unterschiedliche Anliegen aufeinander treffen.

Warum ist dieses Denken wichtig?

Die nachhaltigsten Lösungen sind nicht die, in denen ich mich durchsetze, sondern jene in denen eine gemeinsame Lösung gefunden wird. Wenn Du Win-Win denkst, baust Du Beziehung und Vertrauen auf. Das wird langfristig Konflikte vermeiden und dich mit Leichtigkeit im Umgang mit anderen erfüllen.

Übung: Eine Art dieses Denken zu üben, ist am Abend auf den Tag zurück zu blicken und Situationen in denen zwei Anliegen aufeinander trafen, zu analysieren.

Wolltest Du dein Anliegen durchsetzen? Oder warst Du bemüht beide Anliegen zu berücksichtigen? Wie war das für dein Gegenüber? Welche Einstellung verfolgte dieser (Win-Lose, Win-Win, Lose-Win)?

Dein Win-Win Denken wird dann auf die Probe gestellt, wenn dein Gegenüber fest in der Win-Lose Mentalität verhangen ist. Bist Du bereit Win-Win zu denken, obwohl sich dein Partner durchsetzen will? Das ist nicht einfach, eine Hilfe dafür ist die zweite Gewohnheit.

 

Versuche zuerst zu verstehen und erst dann verstanden zu werden

Nimm für kurze Zeit die Perspektive des anderen ein. Versuche zu fühlen, was er fühlt. Probiere, sein Anliegen zu verstehen.

Wenn Du zuhörst, wirst Du Vertrauen aufbauen. So wirst du die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass auch dir zugehört wird.

Hier kann großer Wiederstand entstehen. Wenn ich jemandem Verständnis gebe, heißt das denn nicht, dass ich mit dem, was dieser tut, einverstanden bin?

Das ist ein wichtiger Punkt: verstehen ≠ einverstanden sein

Höre ich zu, erkenne ich die Bedürfnisse meines Partners an. Ich bin aber nicht zwangsweise mit seinem Verhalten einverstanden (seinem Versuch das Bedürfnis zu erfüllen).

Um Konflikte zu überwinden, sind vier Informationen zentral:

 

Fokussiere auf vier Informationen

Ein beliebter Fokus in Konflikten ist auf Richtig und Falsch. Es war falsch das zu machen und es wäre richtig jenes zu tun. Zufällig gibt es meistens nur ein einziges Richtig und das ist meines. Das führt zu Vorwürfen und Rechtfertigungen und die bringen dich nicht weiter:

Mit Rechtfertigungen machen sich die Konfliktpartner erst recht fertig.

Michael Marie Jung

In eine hilfreichere Richtung gehen folgende vier Informationen:

1) Welche Fakten beobachtest Du/dein Partner? Abgrenzend zu: Welche Schlüsse zieht ihr daraus?

Möglicherweise beobachtet dein Partner eine Küche, in welcher in der Spüle vier benutzte Teller stehen. Vielleicht sieht dein Partner zusätzlich noch einige Brotkrümelchen auf dem Tisch. Das sind die Beobachtungen. Was dir dein Partner aber viel wahrscheinlicher mitteilen wird, sind Bewertungen: “Diese Küche ist unaufgeräumt und dreckig!” ( – und Du antwortest womöglich “Das ist doch nicht dreckig. Schau doch mal dein Zimmer an!” etc)

Fakten sind für alle mehr oder weniger gleich. Wir können uns einigen, dass in der Spüle vier benutzte Teller stehen. Doch Schlüsse zieht oft jeder andere. Die Küche ist dreckig, wird nur von einem Teil Zustimmung finden.

Hörst du eine Bewertung, lege deinen Fokus auf den Fakt hinter dem Urteil. Das wird dir helfen, die Bewertung nicht persönlich zu nehmen.

2) Gefühle. Diesen Schritt kannst Du auch weg lassen, solltest Du oder Leute in deinem Kontext nichts damit anfangen können. Mir persönlich hilft es, herauszufinden, was mein Anliegen ist.
Wichtig finde ich auch hier: fallen in einem Gespräch Gefühle, sind sie oft in Vorwürfen verpackt:
“Ich fühle mich so ausgenutzt.”
“Ich fühle mich von dir betrogen.”
“Ich habe das Gefühl, dir ist völlig egal wie es mir geht.”

Möglicherweise denkt oder sagt dein Partner, wenn er die Küche dreckig findet: „Ich fühle mich von dir verarscht, wenn ich immer die Küche machen muss.“

Spielen Gefühle in deinem Gespräch eine Rolle, fokussiere auf Gefühle, die Du im Körper spüren kannst. Zum Beispiel die sechs Basisemotionen von Paul Ekman: Trauer, Ärger, Ekel, Überraschung, Glück, Angst.

Findest du es je nach Kontext, gerade nicht passend Gefühle zu zeigen, konzentriere dich eher auf Beobachtungen und Bedürfnisse (3). Auch das hilft dir, stärker mit dir selbst im Kontakt zu sein und dich durch Interpretationen (Vorwürfe) nicht unter Druck setzen zu lassen.

3) Bedürfnis, Sehnsucht oder Anliegen. Je nach Kontext ist ein anderes Wort möglicherweise passender. Ist auch ganz egal. Im Kern geht es bei allen um dasselbe: Worum geht es dir? Was treibt dich an? Was ist dir wichtig?

In dem Beispiel mit der Küche, braucht dein Partner möglicherweise eine Ordnung, in der er sich wohlfühlen kann. Das wäre in dieser Situation sein Bedürfnis.

Was ich jedenfalls von Bedürfnissen abgrenzen würde, sind Strategien. Strategien oder Lösungsversuche sind Versuche Bedürfnisse zu erfüllen. Auf der Ebene unserer Grundbedürfnisse sind Konflikte unwahrscheinlich, weil es sich um verstehbare Sehnsüchte handelt wie Liebe, geborgen sein etc.

Über Strategien lässt sich streiten. Wie sollte mein Bedürfnis nach Schutz erfüllt werden? Jeder verfolgt da andere und manchmal auch entgegengesetzte Wege.

Der Fokus auf was dir wichtig ist, hilft dir zu verstehen und dich oder dein Gegenüber zu akzeptieren. Auch wenn Du mit dem Verhalten nicht übereinstimmst.

Hast Du eine Begegnung von Unterschieden (Konflikt) in der deine Emotionen hochkochen, kann es dir schwer fallen deine Aufmerksamkeit auf diese Dinge zu legen. Eine erste Hilfe ist in stark emotionalen Situation den Fokus auf eigene Beobachtungen, Gefühle (wenn gewollt) und Bedürfnisse zu legen. Dann kannst Du dich selber etwas besser verstehen, trittst in Kontakt mit dem, was dir wichtig ist und entspannst dich etwas.

Was ich hier geschrieben habe ist kein „Quickfix“. Wenn Du aber deine Aufmerksamkeit auf diese Prinzipien legst (mit Akzeptanz dafür wenn Du abschweifst), wirst Du…

  • entspannter sein im Umgang mit Konflikten
  • kraftvoll und engagiert für deine Anliegen eintreten
  • und gleichzeitig weder dich noch dein Gegenüber abwerten.

Was sind deine Antworten auf diese Fragen? Hinterlasse ein Kommentar mit deiner Antwort.

Alles Liebe,

Raphael

Quellen und mehr zum Thema:
7 habits for highly effective people – Stephen Covey
Gewaltfreie Kommunikation – Marshall Rosenberg
Begegnung fördern – Liv Larson

Fotos:
© Depositphotos.com/Roman84

  1. Hallo Raphael Antworten

    Du schreibst auf der Ebene von Grundbedürfnisse, wie Liebe und Schutz sind Konflikte unwahrscheinlich.
    Ich interessiere mich sehr für die Menschen und damit auch für Psychologie. Die Theorie der win win Lösungen sind für mich vertraut, da ich auch als Streitschlichter arbeite. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass es gerade bei den Grundbedürfnissen sehr viele Konflikte gibt und Dein Beispiel des aufgeräumten Zimmers, dem nicht widerspricht. Es gibt Menschen die haben die Erfahrung gemacht, bzw. glauben sie, dass sie nur in der Ordnung Schutz erfahren. Daraus resultiert dann oft der Sreit, wenn der andere gar nicht versteht, warum das aufgeräumte Zimmer so wichtig ist. Ich denke in der Liebe kann man sich gegenseitig so annehmen, aber auch da ist es nicht immer leicht. Vielleicht habe ich Dich aber auch missverstanden?

    • Raphael Antworten

      Hallo,

      danke für die Frage finde ich sehr spannend. Eine richtige Antwort gib’s dazu nicht, aber hier ist mal meine: Ob Bedürfnisse konfliktfrei sind, hängt davon ab, was wir unter Bedürfnissen verstehen. Meine Definition von Bedürfnissen ist, dass diese abstrakt und unabhängig von konkreten Strategien, Personen, Orten etc. sind. Wie z.B Schutz oder Liebe. Nach dieser Definition kann man Bedürfnisse auf verschiedenste Weise erfüllen – theoretisch gibt es also einen Reichtum an Möglichkeiten, um für unsere Bedürfnisse zu sorgen. Praktisch allerdings hängen wir an unseren Lieblingsstrategien. Wir wollen Schutz unbedingt durch Ordnung oder (vl etwas weit hergeholt) Waffen. Und dann kommt es oft zu Konflikten, weil unterschiedliche Menschen, unterschiedliche Strategien für ihre Bedürfnisse haben – die aber nicht immer kompatibel sind.

      Bedürfnisse für sich sind meiner Meinung nach kompatibel. Deswegen ist für mich ein Weg Konflikte zu lösen, die gleichen bzw. manchmal auch verschiedenen Bedürfnisse zu würdigen und zu sehen, ob die Lieblingsstrategien kompatibel sind. Wenn nicht, dann als nächsten Schritt alternative Strategien finden, mit denen alle Beteiligten zufrieden sind. Das ist jetzt sehr theoretisch funktioniert so aber auch z.B. in der Mediation.

      Habe ich deine Frage korrekt verstanden? War meine Antwort hilfreich? Freu mich auf deine Antwort.

      Alles Liebe,
      Raphael

  2. Dietmar Antworten

    Finde ich interessant. Das Bedürfnis unabhängig von den verfolgten Lieblingsstrategien bzw. Alternativstrategien zu sehen schafft glaub ich sehr viel Bewußtsein und Selbstverständnis. So schlau war ich bisher noch nicht 🙂 Man lernt nie aus

  3. Johanna Antworten

    Hallo Raphael,

    was ich leider nicht verstanden habe ist, wie kommuniziere ich denn am besten meine Gefühle? Also ich habe verstanden, dass sie ein Schlüssel zu unseren Bedürfnissen sind. Doch wenn ich mich mitteilen möchte und dabei auch meine Gefühle ansprechen möchte, wie mache ich das, ohne dass sie wie ein Vorwurf rüber kommen? Destruktiv scheint es zu sein, wenn man Formulierungen nutzt, wie: “ Ich habe den Eindruck, dass… “ Ich fühle mich durch Situation X, so und so…“

    Liebe Grüße

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