Gunther Schmidt, ein bekannter Hypnotherapeut, erzählt in seinen Seminaren immer wieder von einem Grunddilemma, das er morgens vor seinem Spiegel erlebt.
Begrüßt er sich mit:
“Hui, wie arg schaust du denn heute wieder aus? Warum musst du dir auch um ein Uhr in der Früh den Westernfilm noch anschauen?!!”
Was er wirklich gern sagen würde, weil es sich so viel wahrer anfühlt.
Oder begrüßt er sich mit:
“Guten Morgen. Du bist ein Geschenk an die Welt. In welcher Weise willst du die Welt heute bereichern und in welcher Weise willst du dich heute bereichern lassen?”
Wo eine Stimme in ihm sagt. “Spinnst du? Glaubst du ja selber nicht.” Und eine andere Stimme meint: “Jawohl. Genau deswegen!”
Abgesehen davon, dass Gunther Schmidt in seinen Seminaren immer offen lässt, was er sich vorm Spiegel wirklich sagt, finde ich es ein gutes Beispiel, um sich bewusst zu machen, wie wir oft in den Tag starten.
Die ersten Minuten am Morgen haben wesentlichen Einfluss darauf, wie wir uns die restlichen Stunden des Tages fühlen.
Deswegen überlasse ich es nicht dem Zufall, wie mein Morgen beginnt, sondern habe für jeden Morgen ein bestimmtes Ritual, dem ich folge und das mich auf den Tag vorbereitet.
Diese Gewohnheiten sind zentral. Auch wenn ich zerknittert aufwache, helfen sie mir, mich zu zentrieren und nicht einen dieser Tage zu starten, an dem… alles schief läuft. Und wenn trotzdem alles schief läuft – zumindest nicht meinen Kopf und meine Ruhe zu verlieren.
Wer morgens zerknittert aufwacht, kann sich den restlichen Tag besser entfalten.
Über zwei Jahre habe ich mit meinen Morgenritualen experimentiert und will jetzt mit dir teilen, welche dieser Rituale bzw. Gewohnheiten zurzeit sehr hilfreich sind. Ich will dich nicht dazu anregen, sie einfach zu kopieren, sondern dich dazu inspirieren, selbst zu experimentieren, welche Morgenrituale dir gut tun.
Wie beginne ich also meinen Morgen? Ich stehe auf und…
Mache mein Bett
Eins der ersten Dinge, die ich jeden Morgen tue, ist: Ich mache mein Bett.
Klingt banal, ist aber derzeit eine meiner Lieblingsgewohnheiten. Jahrelang sah mein Bett am Abend genau so aus, wie ich es am Morgen verlassen habe. Polster und Decken lagen kreuz und quer. Das war für mich die beste Ordnung. Wofür das Bett machen, wenn ich in 16-17 Stunden sowieso wieder schlafen gehe?
Würde ich nur diesen Punkt berücksichtigen, würde ich heute wahrscheinlich immer noch nicht das Bett machen. Dann kam mir in einem Podcast mit Tim Ferris die Erleuchtung: Wenn ich das Bett mache, befriedigt das nicht nur meinen Sinn für Ordnung – es gibt mir das Gefühl, dass ich bereits früh etwas erreicht habe.
Ich investiere also zehn Sekunden, um das Bett halbwegs in Ordnung zu bringen und starte dann, mit dem Gefühl bereits etwas geschafft zu haben, in den Tag. Dieses Gefühl bahnt das Verhalten für den restlichen Tag: Es macht es wahrscheinlicher, dass ich auch meine restlichen Vereinbarungen und Ziele (sofern sie realistisch sind) einhalte und erreiche.
Stell dir nur das Gegenteil vor: Früh am Morgen nimmst du dir etwas vor und du erreichst es nicht. Welche Auswirkung hat das auf den restlichen Tag? Bist du motiviert zu arbeiten oder deine Projekte voranzubringen? Oder nicht sofort motiviert…
Diese 10 Sekunden am Morgen, in denen ich das Bett aufbette, haben einen großen Einfluss auf meine Motivation für den restlichen Tag.
Yoga – Körperübungen
In meinem Leben habe ich mindestens vier zusammenhängende Bereiche ausgemacht, in denen ich mich wohlfühlen will. Einer dieser Bereiche ist mein Körper. (Die anderen Bereiche sind: mein Sozialleben, mein emotionales Befinden und Spiritualität).
Indem ich Körperübungen mache wie Yoga, Neuro Somatic Reprogramming (ich weiß, abgefahrener Name) oder einfache Liegestütze, pflege und zentriere ich mich in meinem Körper. Für mich ist das eine optimale Basis, um in den Tag zu starten.
Ich erinnere mich an eine Zeit (ca. 2 Monate), während der ich jeden Morgen eine Stunde Yoga geübt hatte. Während des Tages fühlte ich mich in dieser Zeit sehr zentriert – mich konnte nichts so schnell aus der Bahn werfen. Mittlerweile mache ich 10 – 15 Minuten pro Tag. Den Effekt vom Anfang erreiche ich nicht mehr, aber vermissen möchte ich die Übungen am Morgen dennoch nicht.
Grüne Smoothies
Damit es meinen Körper gut geht, brauche ich eine Ernährung, die mich nährt und wohlfühlen lässt. Für mich sind das morgens zurzeit grüne Smoothies. Jeden Morgen mixe ich 50% Obst mit 50% Grünzeugs, wie Spinat, Salat etc. und trinke es als Smoothie.
Erstens schmecken diese sehr lecker und zweitens fühle ich mich einfach wohl. Grüne Smoothies tragen zu meiner ausgewogenen Ernährung bei.
Auf dieser Seite erfährst du mehr über Grüne Smoothies.
Meditation
Wenn ich meine Zähne geputzt und Yoga gemacht habe, setze ich mich in meine Meditationsecke und meditiere für 20 Minuten.
Meine Meditationspraxis ist für mich ein großes Geschenk. Ich begann 2009 zu meditieren und meditiere seitdem täglich. Meditation lässt mich Sinn auf einer tiefen Ebene erfahren und hilft mir ganz nebenbei gelassener und zentrierter zu sein.
Meditation ist außerdem ein verlässlicher Hinweis darauf, wie es mir gerade geht. Bin ich in der Meditation unruhig, bin ich oft auch im Alltag sehr gestresst und getrieben. Ich merke dann: “Hey, es ist Zeit für etwas Ausgleich.”
Heldenreise
Nach der Meditation, dem Frühstück und dem Workout richte ich meine Aufmerksamkeit noch einmal nach innen. Ich begebe mich in eine leichte bis tiefe Trance und stelle mir vor, wo und wie ich mich in fünf bis zehn Jahren sehe. Ich versuche mir zu vergegenwärtigen, welche Qualitäten ich in meinem Leben verwirklicht habe und was mir wichtig ist.
Üblicherweise sehe ich mich dann, wie ich Workshops und Seminare gebe und dabei ganz echt bin und Spaß habe. Vor kurzem habe ich mich aber auch einfach durch die Welt gehen sehen: Dankbar von Herzen gebend und nehmend. Es ist immer wieder spannend, welche Bilder auftauchen, wenn ich mir in einer Trance diese Frage stelle.
Ich nenne diese Übung Heldenreise in Anlehnung an Stephen Gilligans und Robert Dilts Buch “Die Heldenreise”.
MIT – most important task
Wenn ich dann bereit bin, widme ich mich meinen Aufgaben und Projekten für den Tag. Bevor ich die Aufgaben allerdings konkret angehe, lege ich für den Tag die wichtigste Aufgabe fest. Mein Arbeitstag war erfolgreich, wenn ich wenigstens diese Aufgabe erledigt habe.
So stelle ich sicher, dass ich auch wichtige Aufgaben für meine langfristigen Ziele mache und nicht nur dringliche, wie z.B. E-Mails beantworten.
Außerdem übefordere ich mich weniger. Ich wähle maximal ein bis zwei wichtige Aufgaben für den Tag. Früher war ich dazu geneigt, nicht zu priorisieren und so viel wie möglich zu machen. Mit dem Ergebnis, dass ich am Abend ausgelaugt war und wieder das Gefühl hatte, nicht genug gemacht zu haben.
Nachdem ich die wichtigste Aufgabe erledigt habe, ist alles, was ich zusätzlich mache, ein Bonus. Das macht wesentlich mehr Spaß und ich habe nie das Gefühl, zu wenig gemacht zu haben.
Das waren meine Morgengewohnheiten. Wie startest du morgens in den Tag? Hast du irgendwelche Rituale oder Gewohnheiten – ob bewusst gesetzt oder nicht, die dir helfen angenehm in den Tag zu starten? Schreib einen Kommentar.
Alles Liebe, Raphael
Hallo Raphael,
danke für den Artikel!
Mein perfekter Morgen sieht ähnlich aus. NSL hört sich interessant an.
Thema Bett machen: Ja, genauso dachte ich auch jahrelang bis zu meiner Erleuchtung.
Hier die Rede, die mich dazu gebracht hat jeden morgen mein Bett zu machen:
https://www.youtube.com/watch?v=pxBQLFLei70 von 4:00 bis 6:30 in etwa.
Hallo Felix,
danke für den Kommentar und die Rede! Sehr spannend – vielleicht hat er ja Tim Ferriss inspiriert. 🙂
LG,
Raphael
Hey Raphi, ein extrem guter Beitrag. Ich liebe die Stelle mit dem „Bett machen“ und auch das Video von Felix dazu. Eine super Argumentation die meinen Eltern das Leben erleichtert hätte (vielleicht 😉 Ich habs mir schon zu Herzen genommen und eine erfolgreiche „aufbett“ Woche hinter mich gebracht. Ein kleiner Gedanke, reicht für eine ebenso kleine aber stolze Tat. Liebe Grüße von der Kerstin
Liebe Kerstin, danke für deinen Kommentar! 🙂
Freut mich, dass ich nicht alleine bin mit meinem Aufbettritual! Der Sprecher in Felixs Video meinte ja: Want to save the world? Start with making your beds!
Liebe Grüße,
Raphael
Hallo Raphael,
meine Kaffee trinke ich gern mit Chilli flocken, die ich vorher in die Kanne gebe. Das bringt ebenfalls Schwung.
Nun habe ich neben anderen wertvollen Erkenntnissen – Kundaliniyoga entdeckt für mich und auch gleich ein Buch gekauft. Auch Dein Buch habe ich und viele andere noch ungelesene Werke. Sie machen mich täglich glücklicher – meine Bücher und plötzlich ist es ziemlich egal, dass beide Töchter den Kontakt zu mir abbrechen – warum auch immer. Die Aktionen und Reaktionen anderer Menschen können meine Stimmung insofern nicht beeinflussen – wie ich darüber denke und wie ich mit den Situationen klar komme. Ich kann es selbst regeln und händeln, was es mit mir macht. Ds war auch die Strategie eines KZ-Häftlinges, der ohne schwere psychische Schäden diese Zeit überlebte. Es sagte, dass sie ihn erniedrigten, schlugen und entwürdigten und er sagt, dass sie mit ihm machen konnten, was sie wollten – nichts konnte ihn brechen, denn seine Gedanken waren heilsam. Ich weiß heute auch, dass unser Gefühl des glücklich seins vn unseren Gedanken abhängt und bin daher wohlmeinend allen Menschen gegenüber. Ich merke, dass es ein gutes Gefühl verursacht – anders als früher – als ich noch dachte ´Das hätte der/die nicht tun dürfen.´Es ist einer der vernichtendsten Gedanken und führt zu keiner einzigen vorteilhafte Lösung. Liebe Grüße und Danke, dass es Dich für uns gibt, lieber Raphael.
Liebe Heike, danke für deinen ausführlichen Kommentar und dass du mit uns deine Gedanken dazu teilst! Freut mich. 🙂 Wünsch dir noch einen schönen Mittwoch!
LG
Raphael
Lieber Raphael,
das sind ziemlich gute Rituale! Ohne Yoga und Meditation geht bei mir gar nix ;-). Die MIT ist mir neu – und klingt super. Werd ich gleich umsetzen und freu mich schon darauf, dass mir das mit Sicherheit noch mehr Gelassenheit und gleichzeitig weniger Ablenkung geben wird.
Danke dir!
Liebe Grüße,
Sarah
Liebe Sarah,
ja MIT erlebe ich auch unheimlich erleichternd. Bin gespannt, wie es dir damit geht – schreib mir gern. 🙂
Danke für deinen Kommentar!
LG,
Raphael
Ich brauche morgens 10 Minuten klare frische Morgenluft, ein wenig, 10 Minuten joggen oder eine halbe Stunde laufen und wenn ich dann einen Kaffee trinke, lese ich gern etwas von der Welt, Aktuelles oder von Menschen. Es ist, als würde ich das Fenster öffnen, Gardinen, Rollos richten und in die Welt schauen und dann liebe ich den Tag. Ich sehe das Wetter, die Bäume und ich sauge das da Draußen auf, die Geräusche, die Welt die erwacht, das Morgengrauen, die Menschen, die schon unterwegs sind und dann weiß ich, warum ich loslegen möchte.
Euch allen einen schönen Tag heute.
Hallo Barbara,
danke für deinen Kommentar! Ich liebe die Morgenstimmung, wenn draußen noch nicht viel los ist: Keine Menschen, keine Autos – nur Vögel, vielleicht etwas Sonnenschein und Stille.
Hoffe du hattest einen feinen Start in den Tag heute! 🙂
Hallo Raphael,
schöner Artike und toller Blogl!
Was für mich den Start in den Tag zusätzlich noch besser mach, ist wenn ich mir am Abend vorher, bevor ich schlafen gehe, mir noch kurz Zeit fürs Meditieren nehme oder Tagebuch schreibe über Dinge, die mich an dem Tag besonders beschäftigt haben. Denn anstatt mit diffusen Gefühlen ins Bett zu gehen, sind meine Gedanken geordneter und ich bin innerlich ruhiger, so dass ich am nächsten Morgen ganz anders und viel entspannter aufwache, als an einem Tag an dem ich gestresst eingeschlafen bin und mir dafür keine Zeit genommen habe.
Deinen Tipp die Aufgaben für den Tag festlegen, werde ich in Zukunft mehr beherzigen!
Viele Grüße
Claudia
Hallo Claudia,
Vielen Dank für deinen Kommentar! 🙂
Danke für die Ergänzung – bringt mich auf die Idee, einen Artikel über meinen idealen Abend zu schreiben. Ich schreibe auch gern in mein Journal abends – ähnlich wie du und finde es sehr bereichernd! Wenn dir der Tipp mit den wichtigsten Aufgaben gefallen hat, gefallen dir bestimmt die Gewohnheiten von Leo Babauta, die er in seinem System Zentodone beschreibt – google mal, da sind einige tolle Anregungen dabei!
Liebe Grüße,
Raphael
Hallo,
mein Neujahrsvorsatz 2020 war – noch ohne den Begriff Achtsamkeit, der jetzt sehr „in“ ist, so richtig von seiner wichtigen Bedeutung her zu beachten – ein Begrüßungsritual jeden Morgen, das sich an den neuen Tag richtet: Ich schreibe auf einen Zettel den „kompletten Tag“, also zB heute: Montag, 2. März 2020, und daran anschließend eine freundliche Begrüßung an dieses neue Datum. Ich gebe damit jedem einzelnen Tag die Chance, ein besonderer Tag zu werden und nicht bloß „wieder irgendein Tag, der gleich wie jeder andere ist“. Und nach ca 1 Woche habe ich das Ritual erweitert: vor der Begrüßung des neuen Tages, lasse ich den vergangenen Tag Revue passieren und dann bedanke ich mich ausdrücklich bei ihm, weil INSGESAMT am nächsten Morgen immer etwas Positives also „Saldo“ übrigbleibt. Ich bedanke mich bewusst erst am nächsten Morgen und nicht schon zB vor dem Schlafengehen. Das wäre mir zu voreilig, der Tag ist da noch nicht zu Ende.
Lieber Raphael,
danke für die tollen Ideen! Bett machen werde ich ab morgen ausprobieren!
Bislang ist es bei mir Wechselatmung, Yoga und meditieren. Ich lese seit einiger Zeit Ihren Blog und fragte mich von Anfang an, wieso Sie mir bekannt vorkommen. Heute (lustigerweise nach der Meditation) kam mir ein Gedanke: waren Sie einmal in der Systelios-Klinik als Praktikant?
Ich danke Ihnen von Herzen für Ihre schönen Artikel und Ihren Einsatz!
Mit herzlichsten Grüßen
Lea-Naima
Hallo Raphael,
ein sehr gelungener Artikel und auch ein interessanter Blog insgesamt. Ich mache tatsächlich schon ein paar Jahre morgens als erstes mein Bett und dann Zentrierungsübungen und Yoga und/oder einen Spaziergang mit meinem Hund. Dabei nehme ich mit jedem Schritt die Energie der Erde über die Füße auf und verbinde mich über das Kronenchakra mit den Himmlischen Energien. Außerdem liebe ich es den Vögeln morgens zuzuhören…