Zwei Stimmen toben in mir: Wofür stehe ich auf?

Ich liege im Bett und fühle mich etwas betäubt. Wie spät ist es? 10:00 Uhr?! Schon wieder so viel länger geschlafen als ich eigentlich wollte.

Doch wollte ich eigentlich früh aufstehen?

Nein, nicht wirklich. Will ich überhaupt aufstehen?

Auch auf diese Frage habe ich keine klare Antwort.

Ich bereite mich für meine Morgenrituale vor, putze meine Zähne, meditiere, mache Yoga.

In meiner Meditation wieder ein Gedanke. Wofür stehe ich auf?

Ich verdränge den Gedanken und konzentriere mich wieder auf meinen Atem.

Als ich dann mit meiner Arbeit beginne – viel zu spät, wie eine Stimme in mir kommentiert – kann ich mich nicht so recht konzentrieren.

In mir toben unterschiedliche Stimmen:

– „Ich sollte früher aufstehen. Reiß dich doch zusammen, Mann! Stell den Wecker und stehe auf. Andere schaffen das auch!“ * „Immer dieser Kampf ums Aufstehen, klar würde ich es schaffen. Vor kurzem habe ich es ja auch geschafft.“ – „Warum stehst du dann nicht einfach auf?!“ * „Ich würde es ja schaffen, aber immer mit so viel Zwang, Kontrolle und Schwere… geht das nicht anders?“ – „…“ * „Ich meine, muss das Aufstehen immer so ein Kampf sein? Warum geht es nicht leichter?“ – „Was erwartet dich denn, wenn du aufstehst?“ * „Naja… Arbeit, Unklarheit, Unsicherheit, Ablenkung…“ – „Lass es mich anders formulieren: Wofür stehst du auf?“ * „…“ – „Wofür stehst du auf?“ * „ICH WEIß NICHT.“ – „Kein Wunder, dass das Aufstehen ein Kampf ist.“

Mit dieser Erkenntnis wurde es in mir ruhig. Wofür stehe ich auf? Keine Ahnung. Wofür stehe ich auf? Da muss es doch etwas geben!

Ich klappe meinen Computer zu und lege mich auf das Sofa.

Wofür stehe ich auf?

Nein, es ist nicht meine Arbeit, der Blog, das Studium, die mich erstrangig erfüllen.

Meine Muskeln entspannen sich, ich fühle mich ruhig und zentriert und es taucht eine Frage in mir auf:

Was erfüllt mich?

Und die Antwort folgt sofort:

Lebendigkeit.

Im Gespräch mit anderen ganz da zu sein – echt zu sein. Die Höhen und Tiefen des Lebens genießen. Annehmen, was mir das Leben zeigt und dankbar sein, für meine Gelegenheiten und meine Wahl, wie ich damit umgehe.

Was erfüllt mich?

Spiritualität.

Mich auf mein größeres Selbst zu besinnen. Meine Verbundenheit zu allen anderen Selbsts in dieser Welt. Denen der Natur, Tiere und Menschen. Ganz zu sein – verbunden mit einem großen Geheimnis.

Was erfüllt mich?

Ja, auch meine Vision erfüllt mich.

Menschen zu helfen, sich selbst zu helfen – sich selbst zu heilen.

Ja, all das erfüllt mich. Dafür will ich morgens aufstehen.

Und wofür stehst du morgens auf? Schreib einen Kommentar. 🙂

Alles Liebe, Raphael

  1. Simon Antworten

    Danke Raphael! Gänsehaut beim Lesen, versteh dich ganz genau… bzw. fühl mich auch verstanden. Und: #persönlich steht dir gut.

  2. Elisa Antworten

    Mensch Raphael!!

    Also erstens hätte der Dialog am Anfang des Artikels wortwörtlich so in mir stattfinden können. Allerdings leider nicht bis zum Ende. Das Problem ist tatsächlich, dass ich nicht weiß, wofür ich aufstehe … Na klar fällt es mir deshalb schwer. (Die krassesten Erkenntnisse sind doch oft so offensichtlich …) Und da ich auch noch selbsständig bin hat es zur Folge, dass ich oft den halben Tag verpenne und dann nachts wach liege … voller Schuldgefühle und Frustration. Noch. Nicht mehr lange. Ich habe ein Projekt. Mehrere um genau zu sein (eigener Blog, Malen, mehr Bewegung im Freien), aber das Hauptprojekt, das diese zusammenfasst heisst: LEBEN. Also richtig leben. Nicht nur körperlich existieren und innerlich leer und zugleich voller Gedanken sein. Aber das ist ein anderes Thema. Nun werde ich mir jeden Morgen die Frage stellen, warum stehe ich heute auf. Ein toller Tipp! (Vielleicht werde ich die Antworten sogar schon am Vorabend bestimmen und beim kläglichen Augenaufschlag auf ein farbenfrohes Post-it blicken, das mich sanft daran erinnert.)

    Zweitens bin ich in Frankreich über eine Freundin auf die Gewaltfreie Kommunikation gestoßen. Ihr Cousin hatte einen Kurs besucht und uns das Buch „Cessez d’être gentil. Soyez vrai“ (Wörtlich: Hören Sie auf nett zu sein. Seien Sie echt. von Thomas d’Ansembourg >> anderer Titel in der deutschen Version) empfohlen, das meine Beziehungen mit meinen Mitmenschen sehr verändert hat. Es braucht Zeit, diese Dinge zu integrieren und die Kommunikationsgewohnheiten zu ändern, doch es gelingt und macht Spaß, sein Gegenüber mit einer neuen Reaktion als sonst zu verblüffen. 🙂 Ich finde es toll, dass du dieses Prinzip mit deinem Blog verbreiten möchtest! Also mach bloß weiter so!! Sonst gibt’s Kloppe, haha (so sagt man das bei mir im Osten Deutschlands, wo ich herkomme, ganz gewaltfrei ;-p)

    Liebe Grüße
    Elisa

    • Raphael Antworten

      Liebe Elisa,

      Danke für deinen Kommentar!

      Schön, zu wissen, dass ich da nicht alleine bin. 🙂 Voll und lebendig zu leben klingt nach einem tollen Projekt und nach einer sicheren Basis für alle anderen Projekte. 😉

      War mal in Frankreich, da hat mir ein Französicher Kollege das Buch von Thomas d’Ansembourg empfohlen. Gelesen hab ichs noch nicht – aber irgendwann will ichs lesen. Vielleicht auf Französisch, wenn ich es bis dahin noch nicht verlernt habe! 🙂

      Liebe Grüße,
      Raphael

  3. Almut Hinney Antworten

    Hallo Raphael, als GFK Trainerin im Eistenzaufbauhab ich das foto mit den händen und dem geschenk gefunden. so schön! ist es deins und könnte ich es nutzen? oder hast du es gekauft? herzliche grüße von bremen nach wien!
    Almut

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